Diese Woche
wieder einen Beitrag zur Aktion "26 Games" des Blogs
"Arrcade". Es ist der Buchstabe "P" dran.
"Wie hast
du den Sommer des Jahres 2000 verbracht?" Ich könnte jetzt sagen, dass ich im Urlaub an
der niederländisch-belgischen Grenze, bzw. am Meer war. Die Nerd-Ehre gebietet es jedoch auch, zu ergänzen: "Hauptsächlich Perfect Dark
gezockt" (ich hatte mein N64 tatsächlich mit in den Urlaub genommen). Perfect
Dark war eines der späteren N64 Module, in welchem die legendären Entwickler
von "Rare" dementsprechend das Prinzip des Konsolen-Egoshooters
"Goldeneye 007" vollendeten. Was war am Vorgänger Goldeneye so
besonderes? Für sogenannte "Konsoleros" war es noch vor dem Halo-Boom
der Einblick in spaßige Egoshooter Multiplayerschlachten, die zuvor nur PCler von
Doom, Quake und co. kannten. Naja, in diesem Fall in bescheidenem Rahmen, mit
Splitscreen auf der Glotze, 1-4 Spieler. Und das war nur die Dreingabe zu einem
durchaus gelungenen, fordernden Singleplayer mit eleganter Steuerung, sattem
Sound, befriedigendem "Gunplay" und für 97er Verhältnisse toller
Grafik. Aber halt, nicht zuviele Worte drüber verlieren, das Spiel ist schließlich
immer noch indiziert und es geht hier ja um den spirituellen Nachfolger "Perfect
Dark". Auf den ersten Blick kann man die beiden Agentenshooter schon mal verwechseln,
denn im Grunde hat man das Gameplay der Bond-Versoftung leicht modifiziert auf
eine Science-Fiction Geschichte gepappt und den (mal wieder außerhalb von
Cutscenes nur in Form einer rechten Hand samt Waffe verkörperten) Protagonisten
durch eine Dame ersetzt. Dark, Joanna Dark. Frau Dark hat sich als
Geheimagentin gar so sehr bewährt, dass sie den Codenamen "Perfect
Dark" tragen darf. Außerdem besitzt sie einen schnieken britischen Akzent,
der sie wie eine amoklaufende Stewardness wirken lässt.
Rare hat die
Aufteilung der Spielumgebung in einzelne "Levels", separat im Menü
anwählbare Missionen, von Goldeneye übernommen aber diesmal ein eigenes
Szenario kreiert, in dessen Zentrum eine Verschwörungsgeschichte um Männer in
Anzügen und Undercover-Alieninvasionen steht. Joanna Dark arbeitet für das
Carrington Institut (hier als Tutorialumgebung dienlich), das um
Kontaktaufnahme und freundschaftliche Beziehungen zu den "grauen"
Maian-Aliens bemüht ist. Auf der anderen Seite steht der superböse Konzern dataDyne,
der einen Deal mit einer etwas aggressiveren Spezies geschlossen hat. Gleich in
der ersten Missionen darf daher auch der Wolkenkratzer des Konzerns gehörig
aufgemischt werden - pardon - infiltriert. Als Erbe von Bond muss natürlich hin
und wieder subtil vorgegangen werden. Aber wie schon bei Goldeneye endet sehr
oft alles im progressiven Feuergefecht einer Ära lange vor dem "duck and
cover" Deckungsshooter. Taktisches Vorgehen ist dennoch wichtig und die
komplex angelegten Levels belohnen den Entdeckerdrang, wie es im cinematischen
Shooter heutzutage seltener geworden ist. Auffällig ist auch der Mangel an
visueller Information, die Missionsziele betreffend. Statt einem bequemen
Radar, das den Spieler direkt zum nächsten Hotspot leitet, muss hier noch
selber gesucht werden, eine Karte gibt es nicht. Obwohl sich die K.I. der
Gegner in Grenzen hält, liefert Perfect Dark konstante Herausforderung, so hat
Rare wie schon im Vorgänger eine sehr tolle Methode, den Schwierigkeitsgrad zu
regulieren, indem nämlich Zusatzmissionsziele zum Stapel der Aufgaben nach und
nach hinzukommen. Um einige im höchsten Schwierigkeitsgrad zu bewältigen und
gleichzeitig Horden von Gegnern vom Hals zu halten, bedarf es hoher
Frustrationstoleranz. Wer bestimmte Level in einer Rekordzeit bewältigt, kann
gleichzeitig wie schon in Goldeneye bestimmte Cheatcodes freischalten. Rare hat
hiermit gleich auch einen Anreiz für die später immer populärer werdenden
Speedruns im Videospiel geschaffen. Jedes Level ist visuell und spielerisch
abwechslungsreich gestaltet: Cyberpunk-Strassengassen nach Art von Bladerunner
und Deus Ex, die luxuriöse Privatvilla unseres Chefs, eine Unterwasserstation,
Schneelandschaften, ein Alienraumschiff, alles was ein Shooter so zum austoben
braucht.
Grafisch hat
sich seit dem 3 Jahre älteren Goldeneye einiges getan. Neben einer höheren
Auswahl an Texturen, allerdings durch Nintendo 64-Technologie immer noch recht
matschig geraten, gibt es autonome Lichtquellen, die man erstmals auch
zerschießen und Areale damit abdunkeln kann. Perfect Dark machte als eines von
wenigen Spielen auch optionalen Gebrauch des Nintendo 64 Expansion Packs, einer
bescheidenen RAM-Erweiterung, die für "hochauflösende" (640x480)
Grafik sorgte, was in Perfect Dark aber gleichzeitig auch auf Kosten der
Framerate geht. Die ohrwurmige Musikuntermalung geht wie schon in Goldeneye
oder Donkey Kong 64 aufs Konto von Grant Kirkhope und ist eigentlich eine
eigene CD wert - Soundtracks waren ebenfalls immer eine Stärke von Rare in ihren
goldenen Zeiten.
Für ein
Spiel mit Solo-Analogstick Steuerung, also dem Prä-Halo Zeitalter entsprungen,
ist Perfect Dark gar nicht mal so schlecht gealtert, abseits der Grafik. Es ist
ein buntes... äh... dunkles Paket voller Spielspaß und beinhaltet nebenbei
einige der interessantesten Waffen der Egoshootergeschichte, von denen sich all
die langweiligen Sturmgewehre der Gegenwart mal wieder inspirieren lassen
könnten. So gut wie jede Waffe bietet eine interessante Sekundärfunktion. Explosivmunition
- check. Eine Waffe, die als entsicherte Annäherungsmine auf dem Boden
platziert werden kann - check. Ein als Laptop getarntes Gewehr, das gleichzeitig
als Selbstschusswaffe an Wände geklatscht werden darf (auch im Multiplayer sehr
fies!) und natürlich eine fiese Alienrailgun, die durch fast alle Wände des
Levels zu schießen vermag - Doppelmegaperfectdarkcheck.
Auch wenn
die Hintergrundgeschichte "cheesy" und die Synchronsprecher nicht
mehr wirklich up to date sind, ist eine Multiplayerparty immer noch eine superspaßige
Angelegenheit und lässt staunen, wieviele interessante Optionen es bereits im
Jahr 2000 schon möglich waren. Waffen, Musik, Levels, spezielle Challenges
lassen sich im separaten Mehrspielersplitscreenmodus je nach Gusto einstellen.
Und wer schon alles in der Solokampagne gemeistert hat, darf sich gerne an den
sogenannten "Sims" versuchen. Anders als die gleichnamigen virtuellen
Puppenhausbewohner von EA sind Sims als KI-Gegner im Multiplayer von Perfect
Dark das polygongewordene Böse. Nehmen wir mal die von mir verhasste Challenge
18. Kleine Alien-Bots mit unmenschlichen Aiming-Fähigkeiten, sie verfolgen mich
in meinen Träumen... Bis heute wartet dieser Modus darauf, abgeschlossen zu
werden. So entstehen Legenden...
Perfect Dark
ist ein Highlight des Konsolenshooters, ein Must Have Titel einer vergangenen
Epoche. Spieleschmiede Rare hat danach noch Werke wie Banjo-Tooie, Conker's Bad
Fur Day oder Starfox Adventures herausgebracht, bevor dann bei Nintendo nix
mehr lief und man bei Microsoft mehr oder weniger schnell verendete. Perfect
Dark hat es zum richtigen Franchise kaum geschafft - lediglich ein Prequel
wurde in Form von "Perfect Dark Zero" für die frühe Xbox 360 gebastelt, ohne den gleichen
"Impact" zu haben. Schade. So bleiben zumindest die höchst subjektiven,
nostalgisch verklärten Erinnerungen an einige der spaßigsten
Multiplayernachmittage ever.
Schauen wir mal in ein "Let's Play" zum Spiel: