Bei arrcade.de's 26 Games-Rubrik ist diesmal der Buchstabe "X" dran.
Kommt schon, jeder erwartet doch hier XCom, gell?
Aber für den Konsolero mit "fernöstlicher Neigung"
gibt es da vor allem auch diverse Spiele, die mit "Xeno" anfangen, geschaffen
von der Rollenspielschmiede Monolith Soft und das erste war wohl das
Rollenspiel Xenogears, noch von Squaresoft (vor der Fusion mit Enix) anno 1998
geschaffen. Xenogears war in der Sandwichposition zwischen dem legendären Final
Fantasy VII und dem mitunter etwas berüchtigten Final Fantasy VIII, das doch
zumindest mit seinen aufwendigen CGI-Sequenzen Punkten konnte. Um mal ins Reich
der Anekdoten zu verfallen: Wohl einen großen Beitrag zur Promo des hierzulande bis heute nicht
erschienenen Spiels leistete die Anime-Fanzeitschrift AnimaniA, die mit einem
überschwänglich-begeisterten Bericht so manchen Nerd damals zum örtlichen Importhändler
trieb. Mich selbst nicht, ich musste
mich einige Jahre gedulden. Und erst kürzlich konnte ich im Playstation Store
eine Downloadversion des Titels erwerben, die ich mal nicht umständlich via
Boot-Disc (amerikanische NTSC-Version) starten muss. Aber auch hier sei gesagt:
Xenogears ist nach wie vor nicht im europäischen Raum veröffentlicht, sondern muss
ebenso umständlich aus dem US-Store bezogen werden (umständlich wird der Part
mit der Bezahlung).
Episch wird es bereits im enigmatischen Sci-Fi Intro:
Aber worum geht es? Xenogears, wie schon das Cover verrät,
bietet eine traditionell-japanische Manie: Mechas, hier eben "Gears"
genannt. Kampfroboter, in die die Protagonisten einsteigen können um dem von
Beat'em ups inspirierten Kampfsystem etwas mehr Biss zu verleihen. In so einem
Gear findet sich zu Beginn des Spiels der junge, mit einem prächtigen
Pferdeschwanz (Frisur) gezierte Fei Fong Wong, als seinem Heimatdorf zu Beginn
das Schicksal so vieler RPG-Helden (Zerstörung durch Krieg) widerfährt. Von da
an beginnt die typische Heldenreise, die im Japano-RPG nicht weniger als den
gesamten Globus plus fliegende Örtlichkeiten umfasst. Die Welt ist dabei
äußerst heterogen aufgebaut und bietet sowohl rustikale Dörfer, Wüstenstädte
bis steampunkige Industriemoloche. Kampf läuft in diesem Spiel rundenbasiert ab
und definiert sich durch Komboangriffe, die mithilfe von Dreiecks- oder
Viereckstaste auf dem Controller und entsprechenden Ability-Points im Auge
ausgeführt werden. Nichts weltbewegendes und längst nicht so motivierend wie
einige Jahre später das ähnliche Geknüppel aus "Valkyrie Profile 2"
auf der PS2 (einer meiner ewigen Favoriten, was Japanrollenspielkampfsysteme
angeht). Später kommen sogar noch ein paar fiese Jump'n Run-Passagen in einigen
Dungeons hinzu, Frustpotenzial ist also garantiert.
Was Xenogears herausragen ließ, war in erster Linie seine
Handlung, genauer, sein verwobener, von Geheimnissen durchzogener Plot.
Natürlich leidet der Held Fei an Amnesie, denn da warten einige heftige Twists
in seiner Biografie, die es im Laufe des Spiels aufzudecken gilt. Nachdem sich
Final Fantasy VII tiefgründigen Problemen, nicht zuletzt auch einer
Save-the-Planet Botschaft widmete, legt Xenogears noch einmal eine Schippe
drauf und startet eine Feuerwerk von westlichen Kulturverweisen, lose erscheinenden
Referenzen an u.a. die deutsche Sprache, psychologisches Potporri aus
Nietzsche, Freud, Jung und diversen religiösen Schriften. Die Suche nach Gott,
die Suche nach dem eigenen Selbst, dazu noch sprechende Tiermenschen,
pokémon-hafte Riesennager und Roboterschlachten... Ambitioniert wäre noch
untertrieben. Dabei ist es kein Geheimnis, dass Xenogears in der Tat einen
ungeschliffenen Diamanten darstellt. Durch die nahende Veröffentlichung von
Final Fantasy VIII wurden die Entwickler wohl derart zu Fertigstellung des
Spiels gedrängt, dass die zweite und letzte Disc fast schon auf visual novel
Niveau heruntergebrochen wurde - ergo wenig Gameplay, einige Bosskämpfe und
viel, viel Narration. Eigentlich ein Todesurteil für ein RPG. Grafisch ist
Xenogears ebenso eigenwillig. Statt vorgerenderter Hintergründe wie bei vielen
anderen RPG-Serien Squares gibt es hier wunderbar schlecht gealterte
Polygon-Umgebungen im ganzen Pixelcharme der Playstation 1. Was ich mir
allerdings nicht erklären kann, ist die merkwürdig grobe Auflösung der Sprites,
der Spielfiguren, die tatsächlich fast einem Lego-Bauwerk gleichen.
Demgegenüber stehen die hübschen Anime-Zeichentricksequenzen, gemixt mit CGI
und die gezeichneten Charakterporträts in Textfenstern beispielsweise. Und,
wesentlich memorabler noch als die Handlung an sich (die ich zugegebenermaßen
schon längst im Detail vergessen habe) ist der fantastische Soundtrack.
Extremer Ohrwurmcharakter von Yasunori Mitsuda, einem der wenigen Komponisten,
die der Final Fantasy-Legende Nobuo Uematsu teilweise den Rang
ablaufen können.
Alles in allem ist Xenogears hierzulande aufgrund seiner
schweren Zugänglichkeit (sowohl im Spiel als auch erst einmal die Beschaffung
desselben) immer noch Geheimtipp zu nennen. Sehr japanisch, sehr verschwurbelt
aber eben auch mit viel Herz und Mut zu Konventionsbrüchen. Wer Playstation 3
und 10 Dollar Guthaben auf dem US-Store Account hat, sollte unbedingt mal
reinschnuppern.
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